So könnte ein Bussardkollektor aussehen – wenn sich sein Bau rentieren würde.
Bild: Nasa

In mancherlei Hinsicht haben frühere Vorstellungen von Zukunftstechnologie recht behalten: Tragbare Telefone stellen uns dank Internet ganze Wissensbibliotheken zur Verfügung (wenn man seriöse Quellen von Anekdoten und Fiktion unterscheiden kann), automatische Übersetzung inklusive. Das Design entspricht nicht immer der literarischen Vorlage oder der wissenschaftlichen Vision, aber das Prinzip funktioniert. Und dass wir uns etwa zum Übersetzen keinen lebenden Babelfisch ins Ohr einführen müssen, hat seine Vorteile.

Beim Thema Mobilität sieht das Ganze interessanterweise aber anders aus, wenn man etwa ältere Vorstellungen davon betrachtet, wie man sich in den 2000er-Jahren fortbewegen würde. Auch in modernerer Science-Fiction gibt es komplexe Konzepte, die uns so vermutlich nie bevorstehen – zumindest, wenn man dem aktuellen Wissensstand folgt.

Hypothetischer Antrieb

Dieser erteilt nun einer Antriebsform eine Abfuhr, die schon vor Jahrzehnten Sci-Fi-Autoren inspirierte. Der Physiker Peter Schattschneider von der Technischen Universität Wien analysierte das Prinzip des sogenannten Bussardkollektors als Möglichkeit, Raumschiffe anzutreiben. Der Studie zufolge, die Schattschneider mit seinem US-amerikanischen Kollegen Albert Jackson durchführte und im Fachblatt "Acta Astronautica" veröffentlichte, kann dieses Prinzip realistischerweise allerdings nicht funktionieren.

Der Bussardkollektor hat – abgesehen vom Flugbezug – nichts mit dem gleichnamigen Vogel zu tun. Benannt wurde er nach dem Physiker Robert W. Bussard, der die Idee für interstellaren Raketenantrieb 1960 entwickelte. Er wird auch als "Bussard-Ramjet" bezeichnet, ist aber nicht zu verwechseln mit dem real existierenden Ramjet oder Staustrahltriebwerk, zu dem eine besondere Luftkompressionsmethode gehört und das tatsächlich bei Abwehrraketen Anwendung fand.

Inspirierte Literatur

Der theoretische Bussard-Ramjet allerdings soll Protonen, also positiv geladene Kerne von Wasserstoffatomen, im Weltall einsammeln können und zur Produktion von Energie verwenden. Ein Kernfusionsreaktor könnte dann dann für superschnelles Vorankommen sorgen – was für interstellare Flüge, die nicht Jahrzehnte, Jahrhunderte oder länger dauern, unerlässlich wäre.

In Literatur und Medien hat die Technologie bereits Einzug gefunden. Bussardkollektoren kommen unter anderem im "Star Trek"-Universum vor, beispielsweise im Film "Star Trek: Der Aufstand" ("Insurrection") aus dem Jahr 1998. Auch in Romanen wird auf die Methode Bezug genommen, unter anderem in "Universum ohne Ende" ("Tau Zero") von Poul Anderson, das 1970 erschien.

Einsaugen in einen Kernreaktor

"Die Idee ist es wert, untersucht zu werden", sagt TU-Forscher Schattschneider. Denn im interstellaren Raum gebe es tatsächlich hochverdünntes Gas, das sich theoretisch nutzen ließe. Darunter fällt vor allem Wasserstoff, mit einer Verteilung von etwa einem Atom pro Kubikzentimeter. Im Jahr 1969 stellte John Ford Fishback fest, dass sich das Einsammeln durch gewaltige Magnetfelder und einen entsprechenden Trichter bewerkstelligen und so theoretisch ein Raumfahrzeug beschleunigen ließe.

Ein magnetischer Trichter könnte die Protonen einsammeln und dem "Motor" eines Raumschiffs zuführen.
Bild: Schattschneider & Jackson 2021, Acta Astronautica

Die Idee begeisterte nicht nur Schattschneider, der auch selbst als Science-Fiction-Autor tätig ist, sondern weite Teile der Sci-Fi- sowie der Raumfahrt-Community. Rund 60 Jahre nach ihrer Erstbeschreibung nahmen Schattschneider und Jackson sich die Idee vor. Die gute Nachricht: Einer an der TU entwickelten Software zufolge würde das Prinzip des magnetischen Einfangens der Teilchen und das Einleiten in einen Fusionsreaktor sogar funktionieren. Dadurch lässt sich eine gewisse Beschleunigung erreichen.

Absurd riesiger Trichter

Dass Menschen dadurch eines Tages die nächsten Sonnensysteme besuchen könnten, entpuppte sich für die Forscher jedoch als nicht umsetzbare Idee. Um etwa die doppelte Geschwindigkeit zu erreichen, die der Hauptantrieb des Nasa-Space-Shuttle zustande brachte, wäre ein Schub von zehn Millionen Newton nötig. Die Berechnungen ergeben: Dafür müsste der magnetische Trichter einen Durchmesser von ungefähr 4.000 Kilometern mitbringen – und eine Länge von ganzen 150 Millionen Kilometern. Das entspricht dem Abstand zwischen Erde und Sonne.

Diese "absurd langen" Konstruktionen kann man sich in der Raumfahrt in naher Zukunft nicht vorstellen. Die Autoren schreiben auch, dass der "Besuch des Zentrums der Galaxie in einem Bussard-Ramjet in der Zeitspanne eines Lebens nicht umsetzbar" wäre: Es ist etwa 26.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Bis dieser Traum wahr wird, müssen wir also andere Technologien entwickeln – ob für die Raumfahrt oder zur drastischen Verlängerung eines Menschenlebens. (sic, 20.12.2021)