Noch strömt das Gas. Entgegen so mancher Befürchtung, Russland könnte auf die harten Sanktionen der Europäer mit Zudrehen des Gashahns reagieren, kamen zumindest am Montag die vereinbarten Mengen im Westen an. Das erleichtert manches, löst aber nicht die Grundsatzfrage: Wie sichern wir künftig unsere Energieversorgung?

Spätestens jetzt ist klar ersichtlich, was viele Entscheidungsträger verdrängt haben oder schlicht nicht wahrhaben wollten: Europas Abhängigkeit von russischem Gas ist viel zu groß, Österreichs Abhängigkeit grenzt geradezu an Fahrlässigkeit. Mit 80 Prozent russischem Gas hängen Haushalte wie Industrie hierzulande an einer noch viel kürzeren Leine Moskaus als andere. Jetzt sind klare, wohlüberlegte Schritte notwendig.

Mit 80 Prozent russischem Gas hängen Haushalte wie Industrie hierzulande an einer noch viel kürzeren Leine Moskaus als andere.
Foto: imago images/allOver-MEV

Viel ist nun von Diversifikation die Rede. Noch scheint das nicht mehr als eine Beruhigungspille für besorgte Bürger und Bürgerinnen zu sein, bar jeden zugrunde liegenden Fahrplans.

Mehr Gas könnte zwar aus Norwegen, Nordafrika, Aserbaidschan und vielleicht sogar aus dem Iran kommen, wenn die Atomgespräche zu einem guten Ende führen. Es gibt aber einen Schönheitsfehler: Über bestehende Pipelines kann nicht wahnsinnig viel zusätzliches Gas transportiert werden. Und bis neue gebaut sind, vergehen Jahre.

Bleibt Flüssiggas, das als LNG per Schiff transportiert werden kann. Auch hier rächt sich, dass in den vergangenen Jahren zu wenig investiert wurde. Die Terminals an der Mittelmeerküste sind stark ausgelastet. Deutschland, das noch keine Entladestation hat, will nun in zwei investieren, aber auch das dauert. Und wollte man sich nicht sowieso irgendwann von Gas ganz verabschieden, Stichwort Klimawandel?

Künftig wird noch mehr Solidarität zwischen EU-Ländern notwendig sein, sich gegenseitig auszuhelfen, und ein rascher Ausbau erneuerbarer Energien samt zugehörigen Speichern.(Günther Strobl, 1.3.2022)