Irgendwo nördlich von Barcelona, in Els Hostalets, winkt mich ein Polizist von der Straße. Nein, nicht zu schnell gefahren oder sonst wie ordnungswidrig, er will nur wissen, was das bedeutet, dass seit einer Woche ständig diese Citroëns mit französischem Kennzeichen hier unterwegs sind. Das sei eine Pressefahrpräsentation, um den C5 X kennenzulernen, und nein, ich bin kein Franzose, sondern Österreicher, wir sind mit den norwegischen Kolleginnen jeglichen Geschlechts unterwegs, davor und danach wären jeweils andere Nationen an der Reihe. Ach, so ist das, vielen Dank für die Information, schönes Auto – und angenehmen Tag noch.

Citroën freut sich über "imposantes Design mit viel Eleganz und Raffinement", besonders markant die beiden liegenden Victory-Zeichen.
Foto: Citroen

Über den positiv wertenden Kommentar werden die Designer sich freuen, zumal es um das Flaggschiff einer Marke geht, die in Sachen Ausgefallenheit und avantgardistisches Raffinement in ihrer Geschichte vielfach ehrbar aufgefallen ist, man braucht in dem Zusammenhang nur fallenzulassen: Traction Avant, DS, XM, C6. Fließheck spielt in dieser Tradition eine große Rolle, hier macht es den Wiedergänger in aktueller Interpretation. Der C5 ist, wie gesagt, Citroëns jüngstes Flaggschiff, auf den obendrauf positioniert sich der C5 X, und nein, Befürchtungen, legasthenische Menschen, die eigentlich zu Mazda und einen CX-5 wollten, könnten versehentlich bei ihnen landen, plagen die Franzosen nicht – wer komme, tue dies aus eigenem Antrieb.

Was haben wir konkret vor uns? 4,81 Meter Automobil, in dem nach Vorstellung seiner Kreateure die Eigenschaften von Limousine, Kombi und SUV gedeihlich zusammenwachsen. Ein Fahrzeug, das es zunächst, ab Juni, ausschließlich mit Plug-in-Hybrid und 224 PS Systemleistung gibt und, je nach Ausstattungslinie, zwischen 46.870 und 52.470 Euro kostet. Das einen bis zu 55 Kilometer weit rein elektrisch befördert. Das gegen Jahresende auch als reiner Benziner mit 130 PS kommt. Das gegenüber dem normalen C5 mit zusätzlichen SUV-mäßigen Rustikal-Attributen versehen ist; modische Beplankung, die aber nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass es sich um einen Fronttriebler handelt, Allrad ist nicht vorgesehen. Und das im Innenraum Lounge-Feeling, Wohlfühlatmosphäre verbreiten soll.

Markant wie die Front ist auch das Heck gezeichnet, und hinter der Heckklappe wartet ein Kofferraum mit 484 bis 1580 Liter Fassungsvermögen. Man sieht: Die C5-X-typische SUV-Beplankung zieht sich rundum.
Foto: Citroen

Lassen wir die Marketingsprüche beiseite, so ergibt sich als Kern der Sache, dass wir es mit einem Auto zu tun haben, das die Kernkompetenz Komfort geradezu exemplarisch verkörpert. In dem es entspannt ruhig zugeht dank Umsetzung umfangreicher Akustikmaßnahmen – so was war einst Lexus-Domäne. Wo ein großes HUD (Head-up-Display) dafür sorgt, dass du den Blick stets am Verkehrsgeschehen behältst. Mit dem du derart kultiviert durch Stadt und Lande schwebst – Citroën: "Fliegender Teppich" –, dass du die Nase rümpfen würdest, wollte dich wer verleiten zu einem Hatzerl. Qualitäten, die auf der Route der Fahrpräsentation – sie ging multipel kurvig bis rüber zum Kloster Montserrat, wo seit der Westgoten-Zeiten nach dem Gral gefahndet wird, und retour nach Barcelona – gut erfahrbar waren.

Foto: Citroen

Apropos Heiliger Gral: Herzstück der sanften Fortbewegung ist das nur beim Plug-in-Modell verfügbare Advanced Comfort Aktivfahrwerk mit aktiven Dämpfern, bei dem jedes Rad einzeln angesteuert wird und das zwischen Komfort und Sport eine deutliche Spreizung bietet, wobei selbst dem straffen Sport-Modus noch komfortbetonte Abrolleigenschaften eignen. Erinnerungen an die legendäre Hydropneumatik früherer Tage kommt hoch, und auch dies zählt, wie das Fließheck, zum "Fast so wie einst, aber ganz und gar neu"-Zugang. Wie sehr die klassischen Gran-Turismo-Eigenschaften, der Charakter einer Reiselimousine im Mittelpunkt der Entwickler gestanden haben müssen, zeigt sich auch am Gestühl: bequem wie nur was, aber wenig Seitenhalt.

Foto: Citroen

Im Detail gäbe es beim Plug-in-Hybrid dann vielleicht noch die eine oder andere Feinjustierschraube, an der gedreht werden könnte. Die Zusammenarbeit von Verbrenner (1,6-Liter-Vierzylinder, 180 PS) und E-Motor (81 kW / 110 PS) könnte mitunter besser koordiniert werden, auch im Sinne optimaler Traktion an den Antriebsrädern, und die Verschleifung, der Übergang vom Rekuperieren zum physischen Bremseingriff, erfolgt nicht immer in vollendeter Harmonie. Weiters ist der Kofferraum mit 485 bis 1580 zwar passabel und die große Klappe erleichtert das Beladen, die Heckschräge ist sperrigem Gepäck aber logischerweise abhold, und wer bitte lässt sich diese glatten Leisten am Boden einfallen? Ohne Netz rutscht das Zeugs hinten ständig hin und her. Ja, und einen Heckscheibenwischer könnte der C5 X auch vertragen. Insgesamt aber: reife Leistung. (Andreas Stockinger, 11.04.2022)