Energie nur noch gegen Rubel: So will es Russlands Präsident Wladimir Putin. Der Westen aber bleibt dabei, seine auf Euro lautenden Verträge auch so zu erfüllen.

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Es war eine Ankündigung mit Überraschungseffekt. Vergangenen Mittwoch teilte Russlands Präsident Wladimir Putin mit, dass er "unfreundlichen Staaten" Öl und Gas nur noch liefert, wenn dafür in Rubel bezahlt wird. Vor dem Wochenende hat Putin seiner Forderung Nachdruck verliehen und Gazprom angewiesen, sich zu überlegen, wie Zahlungen in Rubel abgewickelt werden können.

Nun spitzt sich die Lage zu. Ab Mittwoch soll die Währungsumstellung gelten. Das könnte durchaus zu einem Showdown im Kräftemessen führen: Die EU-Kommission ließ zuletzt wissen, dass sie nicht daran denkt, der Forderung nachzukommen. Auch die größten Industriestaaten der Erde (G7) teilten am Montag mit, dass sie die Bezahlung russischer Energie in Rubel ablehnen. Claudio Descalzi, Vorstandschef des italienischen Energiekonzerns Eni, brachte es in einem Statement auf den Punkt: "Die Verträge sehen die Bezahlung in Euro vor." Eni verfüge zudem nicht über Rubel.

Das ist der springende Punkt. Kein westliches Unternehmen verfügt über Rubel. Selbst bei europäischen Banken sind Rubel nicht in diesem Ausmaß vorrätig. Der Grund dafür ist, dass der Rubel keine Reservewährung ist und im Welthandel keine tragende Rolle spielt.

Großes Risiko, ...

Dass der Dollar im internationalen Handel so mächtig ist, ist neben Russland auch China und dem Iran ein Dorn im Auge. Und so hat Putin die Sanktionen des Westens geschickt genutzt und versucht damit, den Rubel aufzuwerten – im Kurs, aber auch in der Bedeutung am Weltmarkt. Ersteres ist kurzfristig gelungen. Seit der Ankündigung, dass der Westen in Rubel zahlen soll, hat sich der Kurs der russischen Währung erholt. Zu Kriegsbeginn war sie noch um bis zu 40 Prozent abgesackt, die Interventionen der russischen Zentralbank waren nicht nachhaltig.

Dass der Westen als Sanktion gegen Russland dessen Auslandsguthaben in Euro und Dollar eingefroren hat, zeigt laut Putin, dass die Amerikaner und Europäer das Vertrauen in ihre eigene Währung zerstört hätten. So versucht er nun den Spieß umzudrehen.

Wird der Rubel durch Putins Intervention nun wichtiger für den internationalen Handel? Wohl kaum. Aber sie eröffnet eine neue Flanke im Spiel der Sanktionen. Würde der Westen künftig in Rubel bezahlen, könnte Putin nach innen die Botschaft senden, dass Euro und Dollar nicht mehr zu trauen ist – just jenen Währungen also, die Russen zuletzt selbst stark nachgefragt haben, um ihre Ersparnisse abzusichern. Daraufhin hatte die russische Zentralbank den Tausch von Rubel in Devisen verboten. Hier sind wir beim nächsten Punkt.

Steigt der Westen auf die Rubel-Forderung ein, müssen diese ja erst gekauft werden. Konzerne wie RWE, Uniper oder die OMV müssten sich für einen Devisentausch in dieser Höhe wohl an Russlands Zentralbank wenden. Geschäfte mit ihr sind aber sanktioniert. Der Westen müsste also seine eigenen Sanktionen untergraben, um Putins Aufforderung nachzukommen.

... geringer Effekt

Der Stabilisierungseffekt für den Rubel könnte aber weit geringer ausfallen als von Putin erhofft. Denn schon jetzt müssen die großen Energiekonzerne in Russland 80 Prozent der Devisen, die sie von ausländischen Kunden bekommen, in Rubel tauschen. Steigt diese Quote auf 100 Prozent bzw. würde der Handel mit Russland nur noch in Rubel abgewickelt, wären die Folgen für den Wechselkurs mittlerweile wohl nur noch begrenzt.

Ignoriert der Westen Putins Forderung und macht der Staatschef ernst, könnten die Öl- und Gashähne zugedreht werden. Der Westen müsste dann mit einem Angebotsschock umgehen. Putin hingegen würden wichtige Einnahmen wegbrechen. Verloren hätten dann beide Seiten. Der Westen hat rund 360 Milliarden Euro an russischem Auslandsvermögen eingefroren. Auf dieses Geld kann Putin nicht zugreifen. Die Öl- und Gaslieferungen an die EU spülen ihm aber rund 660 Millionen Euro in die klamme Staatskasse – und zwar täglich.

Die OMV wurde laut eigener Aussage von Gazprom in der Rubel-Frage noch nicht kontaktiert. Die Verträge lauen auf Euro. Auf Nachfrage teilt der Konzern mit, dass die "OMV jederzeit die Einhaltung aller anwendbaren Sanktions- und Rechtsvorschriften gewährleistet". (Bettina Pfluger, 29.3.2022)