Der Farmland Bird Index ist ein nüchternes Zahlenwerk, das eine im Grunde herzzerreißende Entwicklung dokumentiert. Seit 2007 werden im Rahmen eines EU-Programms regelmäßig die Vogelbestände der Agrarlandschaften erhoben. Wohin die Reise geht, ist offensichtlich: Die Populationen der meisten erhobenen Arten sind in den letzten Jahrzehnten dramatisch geschrumpft, das Schicksal vieler Spezies ist ungewiss oder bereits besiegelt. Das nun erschienene Update des Farmland Bird Index für 2021 untermauert nur, was sich seit Jahren abzeichnet.

Die Vogelschutzorganisation Birdlife Österreich präsentierte am Dienstag die aktualisierten Daten. 40 Prozent der Vögel sind demnach seit 1998 von den heimischen Feldern und Wiesen verschwunden. Drei Viertel der untersuchten heimischen Brutvögel zeigen einen negativen Bestandstrend. Bei der Grauammer sind die Bestandseinbrüche mit minus 94 Prozent besonders drastisch.

Der Farmland Bird Index für Österreich (23 Arten).
Grafik: Birdlife Österreich

23 Indikatorarten

Die aktuellen Zahlen basieren auf dem Brutvogel-Monitoring durch Birdlife Österreich, unterstützt von Laienwissenschafterinnen und -wissenschaftern, die Auswertung erfolgte im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums. Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter untersuchten die Verbreitung von Feld- und Wiesenvögeln anhand von 23 Indikatorarten.

Insgesamt zeichnete sich in den letzten acht Jahren eine Stagnation der Entwicklung auf sehr niedrigem Niveau ab. Die Zahl der Indikatorarten nahm dennoch ab. Damit liegt der Farmland Bird Index für Österreich bei 60,5 Prozent. Mit anderen Worten: Seit 1998 sind rund 40 Prozent der heimischen Kulturlandschaftsvögel ausgestorben. Im Detail waren bei 15 Arten (75 Prozent) die Bestände in statistisch signifikanter Weise kleiner geworden. Vier der Indikatorarten (20 Prozent) zeigten in diesem Zeitraum einen stabilen Bestand, und nur bei einer Vogelart (5 Prozent) stieg der Bestand signifikant an.

Die Grauammer verschwindet von unseren Wiesen und Feldern.
Foto: APA/EPA/Jesus Diges

Der Gesang der Grauammer

Die Grauammer (Emberiza calandra) ist eine jener Arten, die es besonders hart getroffen hat. Früher war der charakteristische Ruf des unauffällig grau und braun gestrichelten Vogels zwischen den Feldern häufig zu hören. Mittlerweile ist das gleichförmige "tück-tück, zick-zick" in den Landschaften weitgehend verstummt. Die Grauammer braucht für ihr Überleben Brachflächen, Felder, die vorübergehend oder dauerhaft aus der wirtschaftlichen Nutzung genommen werden.

Brachfläche gelten als wichtiger Rückzugsraum für Pflanzen und Tiere sowie als Nahrungsquelle. Vielen Vogelarten dienen sie außerdem als wichtiger Nistplatz. Der Verlust von Brachen sowie der massive Einsatz von Pestiziden und die intensive Landwirtschaft machen den Vögeln das Überleben schwer, so Birdlife Österreich. (tberg, red, 2.8.2022)