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Laut einer Umfrage befindet sich eine von zehn Mitarbeitenden im Finanzsektor gerade in ihren Wechseljahren. Ein Viertel davon will vorzeitig in Pension gehen oder den Job wechseln.

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Zusätzliche bezahlte Urlaubstage für Frauen, die unter Beschwerden während ihrer Wechseljahre leiden. Diese Maßnahme in der angelsächsischen Finanzindustrie macht gerade Schlagzeilen. Ende Oktober verkündete die Bank of Ireland, bis zu zehn Urlaubstage extra zu gewähren. Auch die Danske Bank und Deloitte haben versprochen, Maßnahmen zu ergreifen, um weibliche Angestellte in den Wechseljahren zu unterstützen.

Ins Rollen gebracht hat das Thema Klimakterium und Frauenkarrieren im britischen Finanzbereich eine große Umfrage der Standard Chartered Bank im Oktober des Vorjahres. Demnach befindet sich eine von zehn Mitarbeitenden im Finanzsektor mit insgesamt 128.000 Beschäftigten gerade in ihren Wechseljahren. Ein Viertel davon will vorzeitig in Pension gehen oder den Job wechseln. Von über 2000 Befragten gab mehr als die Hälfte an, sich in ihrem Job nicht mehr sicher zu fühlen, 40 Prozent sagten, dass verschiedenste Symptomatiken wie Schlafstörungen, Hitzewallungen, depressive Verstimmungen oder momentane Erinnerungslücken es sehr oder ziemlich schwer machten, Freude an der Arbeit zu haben. Standard Chartered führte als Reaktion ein Maßnahmenpaket ein – von der Bewusstseinsbildung bei Führungskräften über flexiblere Arbeitsmöglichkeiten bis zu speziellen Coachings und Beratungsangeboten.

Tabubruch und Outing

Nachdem Spanien heuer festgelegt hat, dass Frauen mit Menstruationsbeschwerden drei Tage lang auf Staatskosten arbeitsfrei nehmen können – ist das nun der nächste Schritt einer Enttabuisierung? Arbeitspsychologin Natascha Klinser ist nicht begeistert. Sie verweist zunächst auf die Krankenstandsregelungen in Österreich, die (im Gegensatz auch zu Spanien) ab dem ersten Krankenstandstag Entgeltfortzahlung vorsehen. Klinser: "Ich frage mich: Was hätte eine Frau von einem solchen Outing?" Arbeitgeber könnten mittels Pausenmanagements, flexiblen Homeoffices oder etwa Duschmöglichkeiten am Arbeitsort viele Spielräume schaffen.

René Knapp, Personalvorstand der Uniqa-Versicherung, reagiert ähnlich: "Im Hinblick auf Überschriften wie Extraurlaub bei Wechselbeschwerden oder Menstruationsurlaub scheint oft ein Aspekt unterzugehen: Mitarbeitenden, die Beschwerden haben und daher nicht arbeiten können, steht Krankenstand zu – das gilt für alle ohne Detailauskunft und Eingriffe in die Privatsphäre. Krankenstandstage oder auch Urlaubsansprüche sind in Österreich gesetzlich geregelt, und das ist gut so. Dennoch hat das Unternehmen eine bedeutende Rolle: Es braucht die entsprechende Unternehmenskultur, damit Mitarbeitende nicht krank arbeiten oder das Gefühl haben, dass dies gefordert sei. Das kommt Frauen, Männern genauso wie intergeschlechtlichen Menschen zugute."

Eva Höltl, Leiterin des Gesundheitszentrums der Erste Bank, mahnt den Blick auf strukturelle Probleme ein: "Das ist nicht nur ein medizinisches Thema. Wenn Frauen, sobald es geht, in Altersteilzeit gehen, fällt das dem Pensionssystem wieder auf den Kopf. Mit Aktionismus und Exklusivrechten kommen wir da nicht weiter – das ist ein strukturelles Thema."

Vorsicht vor Diskriminierung

Würde ab dem Zeitpunkt, an dem die Kinder groß sind und Schwangerschaft nicht mehr "droht", ein Menopausenurlaub im Raum stehen, wäre das eine weitere mögliche Ausrede, Frauen zu diskriminieren, sagt Gundi Wentner, Doyenne der Personalberatung bei Deloitte. Sie nehme zunehmend wahr, dass Frauen auch in höherem Ausmaß Altersdiskriminierung ausgesetzt sind: "Während Männer aus Führungspositionen sehr selbstbewusst nach Eintritt des gesetzlichen Pensionsalters etwa in Aufsichtsräte wechseln oder in andere bezahlte Beratungsfunktionen, höre ich immer öfter über Frauen, dass sie 'zu alt' wären und eine junge Frau gesucht würde."

In Österreich gebe es laut Wentner noch viel zu tun, um berufliche Chancengleichheit und die Beteiligung von Frauen an Einfluss, Einkommen und Vermögen herzustellen – gesellschaftlich und in den Unternehmen. Der Menopausenurlaub wäre dabei ihrer Einschätzung nach ein unwichtiges Detail und potenziell sogar kontraproduktiv. (Karin Bauer, 7.11.2022)