Für Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl sollte die SPÖ die Personaldiskussion beenden und sich stattdessen auf ihre Themen konzentrieren.

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Wien – Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl hat sich am Sonntag in der SPÖ-internen Diskussion hinter Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner gestellt. In der ORF-"Pressestunde" sagte Anderl, die SPÖ habe mit Rendi-Wagner eine Vorsitzende, "die ich sehr schätze" und sie "wird Spitzenkandidatin" sein. Für die auch innerhalb der Partei geführte Personaldiskussion hat Anderl kein Verständnis.

Diskussion um SPÖ-Führung.
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Diese "Seitenschüsse schaden der Partei", stellt die AK-Präsidentin fest, ohne etwa den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil beim Namen zu nennen. Wenn man sich nicht gemeinsam vorwärts bewege, dann gehe es bergab, sagte sie zu den für die SPÖ stagnierenden Umfragen. Die SPÖ sollte mehr auf Themen setzen und nicht über Personen diskutieren. Die SPÖ habe die richtigen Themen, zeigte sich Anderl überzeugt, aber sie würden von den Personaldiskussionen überlagert. Wie man diese Debatten über Personen innerhalb der Partei stoppen könne, darauf habe sie auch "keine Antwort", sagte die AK-Präsidentin.

Dass Alexander Wrabetz von Bürgermeister Michael Ludwig am Opernball in dessen Loge eingeladen wurde, hält Anderl nicht für ein Signal für den früheren ORF-Generaldirektor als künftigen SPÖ-Vorsitzenden. Das werde nur von Medien so interpretiert.

Anderl zu Teilzeit: "Die Betriebe lehnen sich zurück"

In der zuletzt aufkeimenden Teilzeit-Diskussion nimmt Anderl die Arbeitgeber in die Pflicht. "Wir sollen nicht so tun als wenn die Frauen das alle freiwillig machen", betonte sie und spielte den Ball an die Wirtschaft. "Die Betriebe lehnen sich zurück", so Anderl. Die zentrale Frage sei: "Wo passiert die Teilzeit, wie schauen dort die Arbeitsplätze aus." Es könne nicht sein, "dass immer alles auf die Arbeitnehmer abgewälzt wird".

Zur Teilzeitarbeit-Diskussion.
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Die Überlegungen von Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) zur Abschaffung von Bevorzugungen bei der Teilzeitarbeit seien "indiskutabel". Es gebe Regionen in Österreich, wo Frauen mit Kinder- oder Pflegebetreuung keine Chance hätten arbeiten zu gehen – außer der Mann würde zuhause bleiben. Sie warf der Regierung vor, nur immer danach zu trachten, wo man bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ansetzen könnte, aber nicht bei den Betrieben.

Manche Teuerung nicht nachvollziehbar

Bei der Teuerung verwehrte sich Anderl dagegen, dass die von der Arbeiterkammer geforderten Maßnahmen nicht viel bringen würden. Ein bis zwei Euro bei einem Einkauf gespart sei für Menschen mit wenig Einkommen viel Geld. Und warum zum Beispiel Milch um 50 Prozent teurer geworden sei, könne sie nicht nachvollziehen, "jetzt soll mir mal einer sagen ob wir weniger Kühe oder weniger Gras für die Kühe haben."

Zur Teuerung.
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Mietenstopp gefordert

Bei den Mieten fordert Anderl einen Mietenstopp, hier müsste die Regierung endlich "in die Gänge kommen". "Der Countdown läuft", betonte Anderl. Bei den Richtwertmieten anzusetzen wäre ein erster Schritt. Wenn auf Mieterhöhungen verzichtet werde, gelte dies für alle, auch für die Stadt Wien als größter Vermieter des Landes.

Zu den steigenden Mieten.
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Ob nicht auch die Arbeiterkammer selbst die Arbeitnehmer durch eine geringere Kammerumlage entlasten könnte? Die AK habe keine Übergewinne und ihr Betreuungsangebot deutlich ausgebaut, betonte Anderl. Die Entlastung für die Mitglieder erfolge durch die verstärkte Beratung.

Zu den Arbeiterkammer-Beiträgen.
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Altersgerechte Arbeitsplätze wichtig

Dass die Arbeiterkammer eine Arbeitszeitverkürzung fordert, wo doch gerade ein Arbeitskräftemangel herrsche, verteidigte Anderl. Es gehe eben auch darum, altersgerechte Arbeitsplätze zu schaffen, so gehe fast jede zweite Frau nicht direkt vom Erwerbsleben in die Pension. Weiters sollte der Arbeitsmarkt für Asylwerber ein Jahr nach ihrem Asylantrag für alle Branchen geöffnet werden. Was sie nicht möchte sei, dass durch Zuzug am Arbeitsmarkt Lohndumping einher gehe.

Zur persönlichen Zukunft.
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Zu ihrer persönlichen Zukunft hielt Anderl fest, dass sei keinen anderen Job in der Politik anstrebe. Sie sei "mit Herz und Seele" AK-Präsidentin. Im Vorjahr hatte sie in einer "persönlichen Erklärung" angekündigt, 2024 nochmals für diese Funktion zu kandidieren.

Opposition: Einwanderung, Einsparungen, Altersarmut

FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch unterstellte Anderl in einer Reaktion auf die "ORF Pressestunde" dass sie sich weniger für ihr eigenes Klientel zuständig fühle und eher die illegale Einwanderung legalisieren möchte.

Die Neos wiederum kritisierten, dass Anderl keine Einsparungen bei den Kammerbeiträgen möchte. "Würde die Arbeiterkammer ihren Beitragssatz von 0,5 Prozent auf 0,4 Prozent senken, wären die Arbeiter und Angestellten in Österreich auf einen Schlag mit mehr als 100 Millionen Euro entlastet – und die AK hätte noch immer mehr Einnahmen als im Jahr 2016", rechnete Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker vor.

Für den ÖVP-Wirtschaftsbund hat die Arbeiterkammer "wieder keine Antwort auf Altersarmut". "Wer freiwillig in Teilzeit arbeitet, weil es sich halt ausgeht, tappt früher oder später oft in die Armutsfalle. Bundesminister Martin Kocher hat recht, wenn er da ansetzen will," so Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger. (APA, red, 19.2.2023)

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