Plastikmüll wird an einem Strand auf der thailändischen Insel Koh Samui angeschwemmt. Ohne Gegenmaßnahmen wird die Kunststoffmüllwelle in den kommenden Jahren noch deutlich anwachsen.

Foto: APA/AFP/MLADEN ANTONOV

Seit Beginn der Massenproduktion dieses haltbaren Materials hat die Menschheit geschätzte zehn Milliarden Tonnen Kunststoff hergestellt. Der Großteil davon landet irgendwann auf Müllhalden und in der Umwelt. Zu winzigen Partikeln zerrieben, ist Kunststoff mittlerweile an jedem Fleck der Erde zu finden: Allein in den Ozeanen sollen sich über 70 Millionen Tonnen Mikroplastik befinden.

Plastik ist schon überall

Die Atmosphäre ist ebenso voll davon wie die entlegensten Regionen an den Polen, auf den höchsten Berggipfeln und auf dem Grund der tiefsten Tiefseegräben. Sogar im menschlichen Körper reichert sich Plastik allmählich an. Fünf Gramm davon gelangen im Schnitt pro Woche in den menschlichen Magen-Darm-Trakt – das entspricht dem Gewicht einer herkömmlichen Kreditkarte.

Obwohl das Problem des wachsenden Kunststoffmülls schon länger bekannt ist, ändert sich an der dramatischen Entwicklung nur wenig: Ohne Gegenmaßnahmen soll sich der Plastikverbrauch in den führenden Industrie- und Schwellenländern (G20) bis Mitte dieses Jahrhunderts fast verdoppeln. Wie eine aktuelle Studie von Back to Blue, einer Forschungsgruppe der Denkfabrik Economist Impact sowie der Nippon Foundation hervorgeht, reichen bestehende Programme für Recyclings oder zur Verringerung des Plastikverbrauchs nicht aus. Nötig sei demnach ein rechtlich bindendes weltweites Abkommen zur Eindämmung des Plastikverbrauchs.

451 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr

Die Vereinten Nationen hatten im November in Uruguay Verhandlungen über ein Abkommen zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung aufgenommen, mit dem Ziel, bis Ende nächsten Jahres einen rechtsverbindlichen Vertrag auszuarbeiten. Bis zu 175 Länder haben sich an den Gesprächen beteiligt. Sollten die Verhandlungen scheitern, könnte die jährliche Kunststoffproduktion in den G20-Ländern bei den derzeitigen Wachstumsraten bis 2050 auf 451 Millionen Tonnen ansteigen, schätzt Back to Blue. Das wäre ein Anstieg um fast drei Viertel im Vergleich zu 2019.

"Man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass die Vertragsverhandlungen alles andere als schwierig und tückisch werden", teilte die Forschungsgruppe mit. "Die Chancen für ein Scheitern – nicht nur, dass kein Vertrag zustande kommt, sondern einer, der zu schwach ist, um die Plastikflut umzukehren – sind beträchtlich."

Anstieg trotz Begrenzung

Die Gruppe fordert daher ein stärkeres Verbot von Einwegplastik zusammen mit höheren Produktionssteuern und obligatorischen Regelungen, die Unternehmen für die gesamte Lebensdauer ihrer Produkte, einschließlich Recycling und Entsorgung, verantwortlich machen. Diese Maßnahmen könnten den jährlichen Verbrauch bis 2050 auf 325 Millionen Tonnen begrenzen, so Back to Blue. Das wäre allerdings immer noch ein Anstieg um ein Viertel gegenüber 2019 und entspräche der Menge von 238 Millionen gefüllten Müllwagen.

Zu den G20-Ländern, die noch kein nationales Verbot von Einwegplastikprodukten eingeführt haben, gehören dem Bericht zufolge Brasilien, die Vereinigten Staaten, Indonesien und die Türkei. In der EU sind viele Einwegplastikprodukte wie Trinkhalme und Einweggeschirr seit Juli 2021 verboten. (tberg, red, APA, 28.2.2023)