Die "Wiener Zeitung" dreht ihre Foren ab.

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Wien – Die "Wiener Zeitung" dreht die Kommentarfunktion unter ihren Onlineartikeln ab. Das teilte die Redaktion am Mittwoch ihren Leserinnen und Lesern mit. Das Medienhaus folge damit "einem Trend, von der Kommentarfunktion zur klassischen Leserredaktion zu wechseln", heißt es in der Begründung. Die "Wiener Zeitung" verweist auf Beispiele wie "Spiegel Online", wo nur mehr bei ausgewählten Artikeln kommentiert werden kann, die BBC oder die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

Die "Wiener Zeitung" betrieb ihre Foren nach dem System der Vorab-Moderation. Die Kommentare mussten dabei von einer "dafür zuständigen Person freigeschaltet werden", erklärt das Medium. Das sei aufwendig und koste Zeit und Ressourcen: "Das sind jährlich viele tausende Arbeitsstunden, die wir eigentlich lieber in tatsächlichen Journalismus stecken wollen."

"Reizthemen, die triggern"

Reizthemen wie "Corona, Asyl, Ukraine-Krieg, Strom- und Benzinpreise oder zuletzt die ORF-Haushaltsabgabe" hätten sich als "regelrechte Trigger erwiesen, die geradezu organisiert scheinende, wütende Verbalattacken in den Kommentaren auslösen". "Reihenweise Beleidigungen von Politikern und anderen Akteuren, aber auch von Lesern untereinander stehen dabei an der Tagesordnung." Es habe auch immer wieder Drohungen oder strafrechtlich relevante Vorwürfe gegeben.

Die Reaktionen der Leserinnen und Leser würden künftig weiter veröffentlicht, allerdings nur mehr als Leserbriefe in der Zeitung und Online. Wer weiterhin online posten möchte, könne das auch auf den Social-Media-Kanälen der "Wiener Zeitung" tun.

Eine von der Geschäftsführung installierte Arbeitsgruppe beschäftigt sich derzeit mit der Zukunft der "Wiener Zeitung". Wie berichtet, sieht die schwarz-grüne Regierung das Traditionsmedium künftig primär als Onlinekanal, der nach wirtschaftlicher Machbarkeit auch in Printform erscheinen könnte – beispielsweise monatlich. Der Gesetzesentwurf stößt bei vielen Medienwissenschaftern und Expertinnen auf heftige Kritik und hat zahlreiche Initiativen zur Rettung der "Wiener Zeitung" entstehen lassen. Zur Abstimmung im Nationalrat könnte es im April kommen. (red, 16.3.2023)