Gerade im Beauty-Bereich lässt sich auf Youtube viel Geld verdienen – der Markt ist aber schon sehr stark abgdedeckt.

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Vieles fühlt sich für Jules nicht wie Arbeit an. Etwa wenn sie im Crossfit-Studio Gewichte hebt und dabei Videos dreht, oder wenn sie in ihrem Podcast über ihre letzten Dates den Hörerinnen und Hörern erzählt, wie es ist, nach dem Ende einer langen Beziehung wieder neue Leute zu treffen.

Gleichzeitig stecken hinter den vielen Bildern, Videos und Stories der Contentproduzentin aus Wien viele Stunden Arbeit pro Woche. "Viele sagen ja, Influencer arbeiten nichts", erzählt Jules Vogel lachend. "Aber ich denke mir dann nur, gut, wenn es so einfach ist, dann mach es auch." Die Influencerin gehört zu denjenigen Online-Bloggerinnen, die früh begonnen und damit erfolgreich geworden sind.

Mittlerweile gibt es so zahlreiche Influencerinnen und Influencer auf Instagram, Youtube und Co, dass viele Marken oder Firmen gar nicht mehr um Kooperationen bitten müssen – die Influencer sprechen sie an. Der Markt hat sich enorm gewandelt. War es früher mit Fitness, Ernährung, Gaming oder Mode noch hobbymäßig möglich, schnell viele Follower zu finden, sind die Plattformen heute gesättigt – man muss regelrecht nach der richtigen Nische graben.

Das Hobby zum Beruf machen ist das Ziel vieler junger Menschen. Gerade mit dem Wachstum der Social Media wurden Bloggerinnen und Blogger zu Erfolgssymbolen: Sie reisten, schossen beeindruckende Fotos mit modischen Outfits, spielten den ganzen Tag die neuesten Videospiele oder testeten interessantes Essen. Und verdienten dabei Geld.

Jules Vogel bloggt seit mehr als zehn Jahren. Wofür sie in der Instagram-Community bekannt ist: ehrlich über Gefühle und Tabuthemen sprechen.

Vor mehr als zehn Jahren hat Jules Vogel bereits begonnen, über ihren Lifestyle und Ernährung zu bloggen, im Studium einfach zum Spaß. "Ich war quasi zur richtigen Zeit am richtigen Ort", sagt Vogel. Ihre Followerschaft wuchs immer mehr, kleinere Marken wollten mit ihr zusammenarbeiten. Nach einiger Zeit konnte sie sich mit Markenkooperationen das Studium finanzieren. Ab etwa 30.000 Menschen in ihrer Followerschaft wusste sie: Das ist jetzt ihr Job. Heute zählt Jules mehr als 90.000 Follower auf Instagram.

Sie arbeitet mit bekannten Marken zusammen, etwa für eine Koch-Kampagne mit "Ja! Natürlich" oder Crossfit-Werbung für die Sportmarke Reebok. Der finanzielle Erfolg komme beim Bloggen nicht nur davon, wie man seine Preise festsetze, sondern auch davon, in welcher Nische man welche Zielgruppe vertritt, sagt sie. Vor allem bei gängigen Themen wie Beauty oder Mode kann es schwierig werden, sich von der Masse abzuheben.

Auch für diejenigen, die die Inhalte konsumieren, wird die Masse immer undurchsichtiger. Es wird immer weniger geliket, geteilt, oder drunterkommentiert, mehr gescrollt und die Inhalte einfach nebenbei konsumiert. Für viele Contentproduzentinnen, die von dem Business leben, ist es jedoch wichtig für den Nachweis an Werbepartner, auch Reaktionen auf ihre Bilder und Videos zu bekommen.

Als Mikro dann Makro ansprechen

Tatsächlich haben sich in den vielen Jahren, in denen sich Instagram, Facebook, Youtube und Co weiterentwickelt haben, auch die Marketingstrategien von Unternehmen entwickelt. Viele Firmen setzen nun auf "Mikroinfluencer", also Bloggerinnen und Blogger, die nur etwa 1.000 bis 10.000 Follower haben, aber eine ganz bestimmte Zielgruppe vertreten. Die meisten Firmen haben mittlerweile ein Werbebudget für Influencer, und wer auch mit nur kleiner Reichweite eine beliebte Nische gefunden hat, kann durchaus noch Kooperationspartner finden.

Statt mit einer Plakatwand 500.000 Kontaktpunkte zu erreichen, können Firmen mit Mikroinfluencern etwa punktuell ihre Zielgruppe erreichen. Dann reichen auch nur ein paar tausend Kontaktpunkte.

Jules Vogel hat sich ihre Nische, wie sie sagt, nicht durch ein bestimmtes Thema gefunden, sondern weil sie ihre Themen auf eine bestimmte Art kommuniziert. Sie postet Bilder, Storys und Videos über Körperbewusstsein, Sport, gesunde Ernährung, Sexualität und Beziehungen sehr offen, reflektiert und auch kritisch. Sie spricht Tabuthemen an und versucht die Scham aus den ganz normalen Dingen im Leben zu nehmen, erzählt sie im Gespräch.

Gerade zu Zeiten vor Weihnachten, mitten im Sommer oder nach Jahresbeginn gibt es oft Flauten auf Social Media, Menschen nutzen weniger Plattformen, sind mehr unterwegs oder anders beschäftigt. "Wie es so ist in der Selbstständigkeit, man weiß nie, wie es weitergeht, und es ist psychisch natürlich ein Druck", sagt Jules, "damit muss man lernen umzugehen."

Nicht neun bis 17 Uhr, sondern immer

Ähnlich geht es der Youtuberin Rebecca Raschun aus Wien, bekannt unter dem Streamerinnennamen Justbecci. Auch sie kreiert seit mehr als zehn Jahren Inhalte auf Youtube, der Streamingplattform Twitch und seit einigen Jahren auch Instagram. Sie kommt aus dem Gamingbereich, spielt die neuesten Videospiele und zeigt dies live auf den Plattformen. "Mit meinem Studium Medienmanagement habe ich viel über Social Media und wie sie funktionieren erfahren, auch aus Marketingsicht", erzählt die 30-Jährige.

Justbecci ist seit 2015 als Gaming-Influencerin selbstständig.

2015 kündigte sie dann ihren Job und machte sich mit ihren Kanälen online selbstständig. Gerade im Gamingbereich, sagt Justbecci, stehe man ständig unter Druck, die neuesten Spiele direkt auszuprobieren und der Followerschaft diese zu zeigen. Auch im Alltag muss sie ständig überlegen, was sie zu Streaming- oder Social-Media-Inhalten umwandeln kann.

Für ihre Kunden, für die sie Werbung produziert, sei sie Social-Media-Managerin als auch Produzentin und Model gleichzeitig. Bezahlen müssen diese dann eben nicht nur ihre Inhalte, sondern auch die Zeit, in der sie zu dem Produkt Videos produziert und schneidet.

Immer weiterentwickeln

Sowohl Rebecca als auch Jules nutzten ihre über die Jahre gelernten Fähigkeiten, um weitere Jobs auszuprobieren. Drei Jahre lang arbeitete Rebecca kreativ in einer Agentur, Jules setzt als Selbstständige auch den Social Media Auftritt von Firmen um.

Wie bei jedem selbstständigen Job ist es auch bei der Karriere auf Youtube oder Instagram wichtig zu wissen, wie die Buchhaltung zu führen ist. Die Steuern müssen dabei selbst gemacht werden, es muss ein Gewerbe angemeldet werden. "Ich habe mir einiges über Youtube-Videos beigebracht und hatte Freunde, die im Steuerbereich tätig waren, die mir anfangs helfen konnten", erzählt Justbecci. Beide Influencerinnen holten sich letztlich einen Steuerberater.

Immer am Arbeiten, aber selbstbestimmt: Gamingstreamerin Justbecci lebt heute vom Influencen.

Obwohl heute viel mehr Influencerinnen und Influencer im Internet zu finden sind, viele Branchen und Nischen abgedeckt sind, ist Justbecci überzeugt, dass immer noch viele in den Markt dazukommen können. "Die Einstiegsbarrieren sind heute viel kleiner, denn es gibt viel mehr Tools und Möglichkeiten, sich zu verwirklichen." Waren es früher nur ein paar wenige Plattformen, gibt es heute verschiedenste Kreationsmöglichkeiten: Tiktok-Videos drehen, Instagram-Fotos erstellen, auf Twitch streamen und auf Youtube einen Videoblog produzieren.

Wichtig ist nur, sagt sie, dranzubleiben. "Viele probieren es erst aus und verlieren vielleicht zwei Wochen darauf den Biss", sagt Justbecci. Genau dann sei es notwendig weiterzumachen, denn Stagnation wird es immer wieder mal geben. (mera, 28.4.2023)