Johannes Dürr legte ein Geständnis ab. Er soll auch nach seiner Doping-Sperre Eigenblutdoping betrieben haben.

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Innsbruck – Der Langläufer Johannes Dürr, dessen Aussagen in einer ARD-Fernsehdokumentation den bei der Nordischen Ski WM in Seefeld aufgeflogenen Dopingskandal ins Rollen gebracht haben, soll selbst seit Jahren und bis zuletzt Eigenblutdoping betrieben haben. Er soll diesbezüglich bereits ein Geständnis abgelegt haben, teilte die Staatsanwaltschaft Innsbruck am Mittwoch mit.

Dürr war am Dienstag wegen des Verdachts des Sportbetrugs in Innsbruck festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft verdächtigte den Langläufer, dass er nicht nur andere Sportler an den Erfurter Sportmediziner Mark S. vermittelt habe, sondern auch, dass Dürr selbst bis vor kurzem Eigenblutdoping betrieben habe und sich dabei von ebendiesem Arzt behandeln ließ. Weil Dürr zur Finanzierung seines geplanten Comebacks Crowdfunding betrieben habe, bestehe der Verdacht des Sportbetrugs.

Dürr bestreitet Weitervermittlung

Während Dürr das Eigenblutdoping zugegeben hat, stellte er jedoch weiterhin in Abrede, andere Athleten an den Sportmediziner weiter vermittelt zu haben. Die des Blutdopings überführten ÖSV-Langläufer Max Hauke und Dominik Baldauf hatten laut ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel und Markus Gandler, dem ÖSV-Langlaufleiter, angegeben, Dürr habe sie seinerzeit zu dem Erfurter Arzt gebracht. Das hatte Dürr umgehend dementiert. "Die angeblichen Anschuldigungen von Dominik und Max sind unwahr", hieß es in einem Statement, das Dürrs Anwalt dem ORF übermittelte.

Auch, dass er sich mit dem Eigenblutdoping unrechtmäßig bereichert hätte, bestritt der Langläufer, weil er für finanzielle Unterstützungen auch jeweils entsprechende Leistungen erbracht hätte.

Dürr enthaftet

Der Verdacht des Sportbetrugs werde weiter zu prüfen sein, hieß es seitens der Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen dazu seien noch nicht abgeschlossen. Der 31-jährige Göstlinger, der 2014 im Rahmen der Olympischen Winterspiele in Sotschi des Dopings mit EPO überführt und dafür zwei Jahre gesperrt worden war, wurde nach der Vernehmung noch in den späten Dienstagabendstunden wieder enthaftet, da laut Staatsanwaltschaft nach dem derzeitigen Ermittlungsstand nicht anzunehmen ist, "dass er auf freiem Fuß die Ermittlungen beeinträchtigen würde".

"Es bleibt mir nichts anderes über, als mich bei allen zu entschuldigen, bei meiner Familie, bei meiner Frau. Ich bin auf der anderen Seite froh, dass das ein Ende hat" – gab sich Dürr nach dem Dopingskandal bei Olympia 2014 reumütig. Von einem Ende kann aber offenbar keine Rede sein. Fünf Jahre später findet sich Dürr wieder mitten im Dopingsumpf.

In Osttirol 2014 positiv getestet

In Sotschi war er am Schlusstag aufgeflogen. Wenige Stunden vor seinem geplanten Einsatz über 50 km Skating, in dem der Niederösterreicher als Medaillenkandidat galt, war bekanntgeworden, dass er einen positiven Dopingtest auf das Blutdopinghormon Erythropoietin (EPO) abgegeben hatte. Dürr war damals nach seinem ersten Einsatz (Platz 8 über 30 km) zum Training nach Obertilliach gereist und erst zwei Tage vor seinem geplanten, zweiten Olympiaeinsatz nach Krasnaja Poljana zurückgekehrt. In Osttirol fand dann auch die verhängnisvolle Dopingkontrolle statt.

Bis dahin hatte er stets betont, dass er für einen neuen, sauberen Weg des durch die Dopingvorfälle lange Jahre so schwer belasteten österreichischen Langlaufs stehe. Denn bereits 2002 in Salt Lake City und 2006 in Turin hatte die von Markus Gandler geleitete nordische Sparte des ÖSV durch Doping-Skandale bei Olympia für weltweite Negativschlagzeilen gesorgt.

Dürr gestand noch am selben Tag und wirkte gebrochen, als er am Flughafen in Sotschi gegenüber dem ORF Stellung nahm. "Es ist in jeglicher Hinsicht das Schlimmste, was ich in meinem Leben gemacht habe", sagte er damals.

Umfassende Kooperation zugesichert

Der Niederösterreicher wurde von der FIS für zwei Jahre gesperrt und vom ÖSV ausgeschlossen. Seine anfängliche Zusicherung, umfassend mit den Behörden zu kooperieren, setzte er aber offenbar nicht um. Er soll sich speziell zu seinen Kontakten und Hintermännern in Bezug auf die bezogenen Dopingmittel bedeckt gehalten haben.

Strafrechtlich kam Dürr aber glimpflich davon. Das Verfahren gegen ihn bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen Dopingbetrugs wurde diversionell erledigt, wobei eine Probezeit von zwei Jahren festgelegt wurde. Außerdem wurde ihm die Weisung erteilt, der Staatsanwaltschaft in halbjährlichem Abstand nachzuweisen, dass er keine im Sinne des Anti-Doping-Gesetzes verbotenen Substanzen nimmt. Laut Staatsanwaltschaft hat Dürr auch Schadensgutmachung geleistet.

Danach wurde es lange Zeit ruhiger um den Zollbeamten in Innsbruck, dessen Ehe mit der Südtirolerin Miriam Ende November 2015 scheiterte.

Lebenslangen Ausschluss erfolgreich bekämpft

Ende Februar 2016 lief die FIS-Sperre von Dürr ab, den lebenslangen Ausschluss aus dem ÖSV bekämpfte er auf dem Rechtsweg und wurde im November 2016 nach einer außergerichtlichen Einigung wieder als Verbandsmitglied geführt.

Ab dem Jahr 2018 arbeitete Dürr an einem Comeback im Leistungssport und sammelte im Sommer 2018 via Crowdfunding laut Website 40.000 Euro, um den Wiedereinstieg finanzieren zu können. Sein Ziel war, sich auch ohne Unterstützung des ÖSV für die nordische Heim-WM 2019 in Seefeld zu qualifizieren. Parallel arbeitete er mit Autor Martin Prinz an einem Buch, das unter dem Titel "Der Weg zurück" kurz vor der Seefeld-WM erschien.

Doch mehr Aufmerksamkeit erhielt er abseits der Loipen. Im Vorfeld der WM ließ Dürr mit einer Beichte in einer am 17. Jänner ausgestrahlten ARD-Dokumentation aufhorchen. Dabei gestand der bald 32-Jährige, vor Olympia neben EPO- auch Eigenblutdoping betrieben zu haben.

Am Weg zurück scheiterte Dürr klar. Bei FIS-Rennen im Februar kam er nicht unter die besten 45 und konnte sich daher auch nicht für die WM qualifizieren. Und das offenbar trotz Dopings. (APA, red, 6.3.2019)