Im Gastkommentar spricht sich der frühere ÖVP-Vizekanzler Erhard Busek für eine zukunftsorientierte Neutralitätsdebatte aus.

"Die österreichische Neutralität hat gute Dienste geleistet und leistet gute Dienste", sagt Bundeskanzler Karl Nehammer. Eine Debatte über deren Ausgestaltung sieht er für beendet an.
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Wann immer Österreich in die Nähe von Problemen kommt, taucht eine alte Verwandte auf: die österreichische Neutralität. Sie hat ein bisschen alte Kleider an, wirkt nicht mehr ganz jugendfrisch, und dennoch ist sie eine alte Liebe in unserem Land. Ich bin für sie, wenngleich sich die Bedingungen geändert haben und mit Recht gesagt wird, dass es Situationen gibt, in denen man nicht neutral sein kann. Ich möchte nur einen Punkt herausgreifen: Warum unternehmen wir nicht Bemühungen in der Ukraine, um Voraussetzungen für ein Verständnis der Neutralität zu schaffen?

Courage und Strategie

Ohne schmerzvolle Konzessionen wird die Ukraine aus der gegenwärtigen Kriegssituation nicht herauskommen. Eine Diskussion darüber wäre zukunftsorientierter als die Vorschläge, die Ukraine in die EU oder in die Nato aufzunehmen, wobei ich mich zurückhalten möchte, denn sonst müsste ich sagen, dass diese Vorschläge dumm sind! Bedauerlich ist nur, dass wir unserer alten Tante Neutralität selber nicht vertrauen und nicht die Courage haben, sie in der gegebenen Situation in irgendeiner Weise zu exportieren! Natürlich muss man für die ukrainische Situation andere Bedingungen erfinden, aber da gibt es genügend gescheite Leute und Professoren, die davon etwas verstehen. Ich hoffe nur, dass die österreichische Diplomatie dazu in der Lage ist, um andere Europäer zu motivieren.

Naive Frage: Welche Strategie verfolgt die österreichische Außenpolitik, nicht nur seitens der Regierung, sondern aller politisch handelnden Personen? So viel registriere ich nicht, aber ich will nicht schon wieder kritisieren. Wir brauchen eine ergebnisorientierte Politik und nicht Wohlmeinungen aller Art. (Erhard Busek, 9.3.2022)