Ein Parkplatz! Wo heute die Blumen im Garten hinterm Haus blühen, befand sich bis vor einigen Monaten noch ein Abstellplatz für Autos. Den haben die drei Familien, die in der Zürcher Stadtvilla ein Hotel eingerichtet haben, zum Glück sofort verschwinden lassen. Das denkmalgeschützte dreigeschossige Haus wurde modernisiert und mit viel Geschmack verschönert. Und vor allem haben sie im Signau House and Garden Boutique Hotel dem Gast die Möglichkeit gegeben, die Mühen der Stadt hinter sich zu lassen.
Neun Zimmer und eine Suite können Reisende seit 2018 buchen, nicht spärlich, eher sinnvoll eingerichtet. Ein kleiner Schreibtisch, ein Stuhl, ein Bett, ein Schrank, dazu monochrome Wände, mal tannengrün, mal eierschalengelb bemalt. Und jedes Mal, wenn man sich durchs Haus bewegt, knarzt ein bisschen der Holzfußboden. Man könnte auch sagen: Er lebt.
Die Ruhe genießen
Zum Frühstück gibt es frisch zubereitetes Granola und internationale Zeitungen (gedruckt, nicht auf dem Tablet!), man kann draußen mit Blick auf den Seerosenteich sitzen oder drinnen vor der holzgetäfelten Wand auf dem Fischgrätparkett. Vögel zwitschern in den Bäumen, der See ist nur 15 Minuten zu Fuß entfernt, die Altstadt ebenfalls. Und doch fühlt sich Zürich meilenweit weg an. Die Macher wissen, was ihre Gäste wünschen: Sie genießen die Ruhe.
Unterhalb des Hauses liegt das Viertel Seefeld, das sich in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Wohn- und Ausgehquartier entwickelt hat. Den Hügel ein Stück hinunter gehen, schon kann man im Monocle-Shop cremefarbene Shorts einkaufen, nebenbei einen Espresso trinken oder sich im Restaurant "Razzia" Speisen unter einer riesigen Stoffgiraffe bestellen. Das Seebad Utoquai ist nach einem viertelstündigen Spaziergang erreichbar: In die kalten Fluten springen, sonnen und danach wieder erfrischt in den Mikrokosmos Signau House abtauchen.
Vielleicht läuft im hauseigenen Kinokeller gerade ein Film. 25 Personen haben in dem Saal Platz, die Zuschauer sitzen in bequemen Plüschsesseln. Das Schönste ist freilich das Bett danach. Bei offenem Fenster gleitet man in den Schlaf – höchstens die Amsel am Morgen nervt ein wenig. (Ulf Lippitz, 19.9.2022)
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