Die CES 2023: Auf der Suche nach wirklichen Innovationen muss man sich offenbar noch gedulden.

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Wenn die CES von 5. bis 8. Jänner in Las Vegas wieder ihre Pforten öffnet, verspricht die Messe Taktgeber für technologische Entwicklungen im kommenden Jahr zu sein. Und nach pandemiebedingt verhaltenen Jahren wieder zu alter Stärke zurückzufinden. Bahnbrechende Neuerungen zeichnen sich allerdings noch nicht ab.

Mit mehr als 185.000 Quadratmeter Showfloor, das entspricht knapp 26 Fußballfeldern, und mehr als 3.000 Ausstellern wäre grundsätzlich genügend Raum für Innovationen vorhanden. Sieht man sich den Fahrplan der Messe an, die bereits am 3. Jänner mit den Medientagen beginnt, zeigt sich weitgehend das gewohnte Buzzwording der letzten Jahre: Unter die Auftritte oder Keynotes von Big-Tech-Unternehmen, Auto-, Chipherstellern und namhaften Größen der Unterhaltungselektronik mischen sich Ausblicke zum Thema künstliche Intelligenz, VR und vor allem Metaverse.

Metaverse, der nächste Anlauf

Auch wenn es noch keinen Konsens darüber gibt, was hinter dem Begriff Metaverse steckt, dürfte er wieder ein bestimmendes Thema der Messe sein. Wie schon im letzten Jahr, wo man den Eindruck hatte, dass die eher beinlose als beinharte Parallelwelt von Meta in jeder Hinsicht zum guten Ton gehört. Neu ist immerhin, dass die CES mit eigenen Sessions zur Konkretisierung von Web 3 und Metaverse beitragen will.

Metaverse hält sich hartnäckig unter den Trends, auch bei der CES.
Foto: Meta

In diesem Zusammenhang ist damit zu rechnen, dass auch Hardware und neue Konzepte zu Virtual Reality, Mixed Reality und Augmented Reality zu sehen sein werden. Die Ankündigungen zahlreicher neuer Headsets scheinen jedenfalls gesetzt. Besonders interessant könnte dabei die Neuankündigung von HTC sein, das Unternehmen will einen Konkurrenten zur Meta Quest ins Rennen zu schicken. Aber auch bereits bekannte Produkte wie Sonys PSVR 2 für die Playstation 5 werden vor Ort auf sich aufmerksam machen wollen. Eher unwahrscheinlich hingegen dürfte die Vorstellung der Meta Quest 3 sein, die allerdings 2023 veröffentlicht werden soll.

Die Konstante: Ein neues Aufgebot an Fernsehern

Seit Jahren eine zuverlässige Bank auf der CES sind die Fernsehhersteller. Namhafte Größen in diesem Bereich wie Samsung, LG, Sony oder Panasonic werden mit einem aktualisierten Produkt-Line-up für 2023 aufwarten. Dominierende Themen sind dabei weiterhin die Bildschirmtechnologien OLED, QD-OLED und Micro LED sowie ein aktualisierter Chipsatz von Mediatek, der für viele Hersteller eine verbesserte Ausstattung und erhöhte Flexibilität bei den Anschlüssen nach sich ziehen wird.

Mit großem Interesse verfolgt werden dürften die Fortschritte zur QD-OLED-Technologie, die ursprünglich von Samsung stammt: Es wird erwartet, dass man auf der CES erstmals Bildschirmgrößen mit QD-OLED jenseits der 65 Zoll sehen wird. Und neben Sony soll auch Philips im kommenden Jahr erstmals Modelle mit dieser Technologie in sein Programm aufnehmen.

Ein zuverlässiger Strom an Neuerscheinungen kommt von den Fernsehherstellern.
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Panel-Konkurrent LG setzt nach wie vor auf OLED, soll aber künftig ausschließlich auf sogenannte EX-Displays setzen, die deutlich mehr Spitzenhelligkeit liefern. Zudem setzt der südkoreanische Hersteller mit kleineren Größen unter 30 Zoll auch zunehmend auf die Verbreitung im Monitorsegment.

Nachhaltige Computerhardware

Im Vorfeld der CES noch am ehesten überrascht hat im Bereich der Computerhardware ein Konzept von Dell. Unter dem Projektnamen Luna stellte der Computerhersteller die Weiterentwicklung eines modularen Notebooks vor, das sich ohne Werkzeug zerlegen lässt und auch im Inneren ohne Kleber und Kabel auskommen soll. Neben der leichten Reparierbarkeit verspricht das Konzept zudem einen nachhaltigen Akku, der besonders lange haltbar und leicht recycelbar sein soll.

Notebook ohne Schauben oder Kleber? Könnte funktionieren.
Dell Technologies

Mit Spannung erwartet werden aber auch die Keynotes von AMD, Intel und Nvidia. Nicht offiziell bestätigt, aber sehr wahrscheinlich ist bei AMD die Vorstellung der Ryzen-7000-Prozessoren ohne X-Zusatz sowie der neuen Notebook-Prozessoren. Bei Intel scheint das neue Flaggschiff Core i9-13900KS gesetzt, aber auch die Non-K-Modelle der aktuellen und 13. Core-Generation.

Nvidia dürfte etwas vorstellen, was die Öffentlichkeit bereits im September unter einem anderen Namen kennengelernt hat: Die ursprünglich als (kleine) RTX 4080 getaufte Grafikkarte mit 12 GB wird nun als 4070 Ti vorgestellt werden. Auch eine Vorstellung des Notebook-Line-ups der RTX-4000-Chips ist nicht ausgeschlossen.

Alternative Realitäten für Fahrzeuge

Den Fokus noch stärker auf sich lenken will die Autoindustrie. Auch hier wird diesmal das Who's who der Branche vertreten sein. Einen verspielten Ansatz dürfte dabei Audi vorstellen, diesmal sogar in Serienreife: Ein VR-System von Holoride ermöglicht es Passagieren auf dem Rücksitz, virtuelle Spielwelten mit den tatsächlichen Fahrbewegungen zu kombinieren. Für ausgewählte Modelle ist Holoride seit November bereits verfügbar.

Holoride von Audi: Virtual Reality auf der Rückbank, mit realen Bewegungen des Fahrzeugs kombiniert.
Foto: Audi AG

Konzeptueller dürfte es BMW mit einem Mixed-Reality-Ansatz angehen und auf einem abgesperrten Gelände in Las Vegas demonstrieren, wie sich virtuelle Welten mit realem Autofahren kombinieren lassen. Zuvor will Konzernchef Oliver Zipse in seiner Keynote das vernetzte Fahrzeug auf Basis von 5G-Konnektivität in den Mittelpunkt stellen.

VW hingegen soll angeblich die Vorstellung eines lang erwarteten Modells auf die Straße bringen. Was bisher als Studie "ID. Aero" bekannt war, könnte künftig als Limousine "ID. 7" in den Autohäusern stehen. Aufgrund seiner besonderen Aerodynamik soll das Elektrofahrzeug mit einer Ladung auf eine beachtliche Reichweite von mehr als 600 Kilometern kommen.

Träumereien erlaubt

Wie in den Jahren zuvor wird sich die CES letztlich erneut den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass man unter viel buntem Blendwerk mit der Lupe nach "echten" Innovationen suchen muss. Nicht selten wird man sich fragen, wie aber vor allem wozu es bestimmte Konzepte oder Prototypen vom Showfloor in die Realität schaffen sollen.

Das mag teilweise daran liegen, dass Veranstalter wie Aussteller auch den Trend der Messemüdigkeit überkompensieren und sich – manchmal krampfhaft – gegen den anachronistischen Touch solcher Events stemmen möchten. In all den unterschiedlichen Bereichen, die die CES abdecken will, sollte man aber nicht vergessen, dass es oft viele kleine Schritte sind, die rückblickend betrachtet den großen Fortschritt ausmachen. Und zwischendurch darf da ruhig mal Träumereien Platz gegeben werden. (bbr, 01.01.2023)