Vorab ein paar beeindruckende Zahlen: Die am weitesten gereisten Weltraumsonden der Menschheit sind bereits seit 45 Jahren und acht Monaten unterwegs und immer noch mehr oder weniger wohlauf. Voyager 2 verließ am 20. August 1977 in Cape Canaveral die Erde, Voyager 1 folgte zwei Wochen später, am 5. September. Aktuell ist Voyager 1 23,9 Milliarden Kilometer (159-fache Distanz zwischen Erde und Sonne, AE) und Voyager 2 19,9 Milliarden Kilometer (133 AE) von uns entfernt.

Bei einer Geschwindigkeit von 17 Kilometern pro Sekunde relativ zur Sonne kommen bei Voyager 1 jedes Jahr 3,6 AE dazu. Voyager 2 ist um etwa fünf Kilometer pro Sekunde langsamer. 1979 flog Voyager 1 am Jupitersystem vorbei und schickte atemberaubende Nahaufnahmen von dem Gasriesen und seinen Monden. Eineinhalb Jahre später dokumentierte die Sonde das Saturnsystem.

Wenn die Nasa-Expertinnen und-Experten nicht noch weiteres Einsparpotenzial beim Energieverbrauch entdecken, wird Voyager 2 ab 2026 mindestens eines seiner verbliebenen Instrumente abschalten müssen.
Illustr.: Nasa/JPL-Caltech

Im interstellaren Raum

Seit 1998 ist Voyager 1 die am weitesten von der Erde entfernte Sonde, und 2012 schließlich verließ sie den vom Sonnenwind beeinflussten Bereich des Sonnensystems und trat in den interstellaren Raum jenseits der Heliopause ein. Voyager 2, die zuvor auch Uranus und Neptun besucht hatte, folgte ihrer Schwester 2018 auf der annähernd gegenüber liegenden Seite des Sonnensystems.

Schickt Voyager 1 heute ein Signal in Richtung Erde los, kommt es erst 22 Stunden später bei uns an; bei Voyager 2 sind es immer noch 18 Stunden. Dass die beiden Geschwistersonden überhaupt noch am Leben sind und mit der Bodenstation in Kontakt stehen, ist vor allem einem engagierten Voyager-Team am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der Nasa zu verdanken, das die Mission im Rahmen seiner Möglichkeiten hegt und pflegt und bis heute alles aus den Veteraninnen herausholt. Nun ist es der Gruppe gelungen, bei Voyager 2 Stromreserven zu mobilisieren, die ihr ein paar weitere Lebensjahre schenken.

Radionuklidbatterien geht der Saft aus

Warum man mit den Geschwistern nicht ewig Kontakt halten kann, liegt am begrenzten Energievorrat der Sonden. Der große Abstand zur Sonne macht Solarzellen ungeeignet. Um die elf wissenschaftlichen Instrumente und die Kommunikationsanlagen dennoch mit Strom zu versorgen, bekamen die beiden Voyagers jeweils drei Radionuklidbatterien mit auf den Weg. Darin befanden sich beim Start 4,5 Kilogramm Plutonium-238 mit einer Halbwertszeit von 87,7 Jahren. Die beim radioaktiven Zerfall entstehende Wärme wird von Thermoelementen direkt in elektrische Energie umgewandelt.

Doch der Zerfall lässt mit der Zeit nach, die Temperatur und damit die thermische Leistung sinkt. Der jährliche Leistungsverlust liegt bei etwa 1,38 Prozent, und inzwischen ist beinahe alles aufgebraucht. Für Voyager 2 war deshalb bereits für dieses Jahr die Außerbetriebnahme von relevanten Messinstrumenten geplant. Doch indem es eine kleine, bisher anderweitig genutzte Stromreserve anzapfte, schafft es das Team vom JPL, Voyager 2 noch bis zumindest 2026 im aktuellen Zustand betreiben zu können.

Jeweils drei solche Radionuklidbatterien (RTGs) versorgen Voyager 1 und Voyager 2 mit Energie.
Foto: NASA/JPL-Caltech

Schrittweises Abschalten

"Die wissenschaftlichen Daten, die die Voyager-Satelliten liefern, werden umso wertvoller, je weiter sie sich von der Sonne entfernen. Deshalb sind wir sehr daran interessiert, so viele wissenschaftliche Instrumente wie möglich in Betrieb zu halten", sagte Linda Spilker, Wissenschafterin des Voyager-Teams am JPL.

Schon zuvor war es der Nasa gelungen, durch schrittweises Abschalten von Heizungen und anderen nicht mehr benötigten Systemen und Instrumenten sowie durch eine Neuausrichtung der Antenne im November 2017 die Forschungsmission mit verbleibenden fünf Instrumenten auszudehnen. Um vorerst kein weiteres wichtiges Instrument zu verlieren, kappten Spilker und ihre Kollegen die Energiezufuhr für einen Spannungsregler, der die Sonde vor starken Stromschwankungen schützen soll. Diese Baugruppe sollte im Fall des Falles einen Notstromkreis aktivieren, für den eine kleine Menge an Energie reserviert ist.

Eine Runde um die Milchstraße

Dieser kleine Vorrat soll nun den wissenschaftlichen Instrumenten zugutekommen. Zwar stellt die Abschaltung des Notsystems ein kleines Risiko dar, meinen die Forschenden vom JPL. Doch Tests, bei denen Voyager 2 einige Wochen ohne den Regler problemlos zurechtgekommen ist, lassen das Risiko vertretbar gering erscheinen. Außerdem sei das Team in der Lage, die Spannung zu überwachen und zu reagieren, wenn sie zu stark schwankt, meinte Spilker.

Voyager 1 benötigt zwar etwas weniger Energie als ihre Schwester und hat auch nur mehr vier Instrumente in Betrieb, aber auch sie ringt mit Energieproblemen. Sollte sich der nun bei Voyager 2 angewendete Trick bewähren, wollen die Forschenden vom JPL ihn auch bei Voyager 1 anwenden.

Aber selbst bei sparsamstem Betrieb wird der Kontakt zu Voyager 1 und 2 ab Anfang der 2030er-Jahren verstummen – die Reise der beiden ist dann aber noch lange nicht beendet: Sofern kein Unglück geschieht – und dies ist in der Leere der Grenzregionen unseres Sonnensystems sehr unwahrscheinlich –, werden beide Sonden in Zukunft das Zentrum unserer Milchstraße alle 225 Millionen Jahre einmal umkreisen. (Thomas Bergmayr, 2.5.2023)