Wir bedauern! "Vermurkst" ist die Fehlerkolumne des STANDARD, in der wir unsere publizistischen Missgeschicke anzeigen.

Doris Priesching und Sebastian Fellner

Foto: standard

Fakten sind uns heilig, aber Fantasie ist auch wichtig im Journalismus – nicht, um Dinge zu erfinden, aber um einen qualifizierten Blick in die Zukunft zu wagen. Zuletzt hat uns aber ein gutes Stück Fantasie gefehlt: in einer Analyse, die seit dem vergangenen Donnerstag offiziell als Fehleinschätzung gilt.

Als die niederösterreichische ÖVP nämlich die Koalitionsgespräche mit der SPÖ abbrach, titelten wir: "Verhandlungsstopp als Theaterdonner". Aus Sicht des Autors war klar, dass "es keine realistische Alternative zu einer Koalition der beiden gibt" – weswegen das Ende der Gespräche höchstwahrscheinlich nur vorübergehend sei und die Schwarzen und die Roten schon wieder zueinanderfinden würden. Was soll die ÖVP schon machen, mit der FPÖ koalieren?

Johanna Mikl-Leitner und Udo Landbauer besiegelten ihre Zusammenarbeit. Das hatten wir für höchst unwahrscheinlich gehalten (die beiden womöglich aber auch).
Foto: christian fischer

Wir waren uns unserer Sache sicher. Denn zu diesem Zeitpunkt hatten die Freiheitlichen ihr zentrales Wahlversprechen gerade erst bekräftigt: Sie würden Johanna Mikl-Leitner nicht zur Landeshauptfrau machen. Und: Inszenierte Krisen sind bei solchen Verhandlungen nichts Ungewöhnliches. Schlussendlich haben wir uns aber einfach getäuscht. Am Donnerstag trat die schwarz-blaue Koalition in Niederösterreich ihr Amt an. Die Parteien hatten mehr Fantasie als wir.

Viersprachig und falsch übersetzt

In ihrem Regierungsprogramm bekundete Schwarz-Blau ja ein Bekenntnis zu Deutsch als Pausensprache in der Schule – damit hätte der Rennfahrer Fernando Alonso keine Freude. Denn laut unseren Recherchen ist Deutsch keine der vier Sprachen, die er spricht. Dafür sind gleich zwei davon Spanisch: "Neben Spanisch und Englisch spricht Alonso auch fließend Spanisch und Französisch", behaupten wir. Zweimal Spanisch sprechen geht sich schon allein von der Geschwindigkeit her auch für einen Formel-1-Piloten nicht aus. Alonso spricht in Wahrheit noch Italienisch. Scusi.

Fernando Alonso fährt gut Auto und spricht vier Sprachen. Nur eine davon ist Spanisch.
Foto: IMAGO / Motorsport Images / Glenn Dunbar

Ein Fremdsprachenproblem hatten wir auch bei unserer Reportage vom Wiener Brunnenmarkt – aber nicht wegen der vielen Araber, über die sich der Wiener ÖVP-Chef echauffiert. Sondern weil wir Bürgermeister Michael Ludwig die Arbeit mit "Steakholdern" in den Mund gelegt haben. Nun kann man auf dem Brunnenmarkt allerhand Rindfleisch kaufen und in Händen halten, Ludwig meinte aber "Stakeholder".

Fleisch gibt es am Brunnenmarkt genug, damit haben die von Bürgermeister Ludwig erwähnten "Stakeholder" aber nur indirekt zu tun.
Foto: robert newald

Wenn wir schon bei hitzig geführten politischen Debatten sind: Luftreinigungsgeräte in Schulen könnten die Verbreitung von Viren hemmen. Dass das nicht billig wird, ist klar. So teuer, wie von uns zunächst behauptet, sind die Dinger aber doch nicht: Wir schrieben von 15.000 Euro Kosten pro Klassenzimmer, richtig sind 1.500 Euro.

Scheinbarer Waffenschein

Unsere Geschichte über eine Frau, der wegen betrunkenen Fahrens die Erlaubnis zum Waffenbesitz entzogen wurde, haben wir garantiert nüchtern verfasst. Der entstandene Fehler fällt auch eher in die Kategorie Paragrafenreiterei: Wir berichteten, die trink- und schießfreudige Dame hätte ihren "Waffenschein" verloren. Solche gibt es in Österreich aber nicht mehr. Abgenommen wurde die Waffenbesitzkarte. Aber egal, wie der Wisch heißt: Gut, dass er weg ist. (Sebastian Fellner, 28.3.2023)