Die Gin-Wodka-Rum-Kreation der Cocktailbar im Experimental überzeugen.

Foto: palazzo experimental / patrick locqueneux

Vom Hotels aus blickt man auf den Canal della Giudecca.

Foto: palazzo experimental / patrick locqueneux

Auch die Bar und das Restaurant sind tagsüber lichtdurchflutet.

Foto: palazzo experimental / patrick locqueneux

Im Palazzo Experimental durften auch die Innenausstatter viel experimentieren.

Foto: palazzo experimental / patrick locqueneux

Die Fassade des alten venezianischen Palastes.

Foto: palazzo experimental / patrick locqueneux

Es sah nicht gut aus für Venedig und mich. Der Flug landete spät am Abend, vom bestellten Transferservice war niemand zu sehen, und das Herbstwetter drohte einen Regensturm an. Schönste Stadt der Welt oder kapriziösestes Nest an der Adria?

Unser Fahrer kam schließlich angehetzt, er äußerte den selten gehörten Vorwurf "Sie sind zu früh!" und konzentrierte sich bei seiner Fahrt zum Hauptbahnhof darauf, das Gaspedal fest herunterzutreten. In Lichtgeschwindigkeit erreichten wir den Canal Grande, stiegen in ein schickes Motorboot um und zahlten für eine Zehn-Minuten-Tour einen Preis, der vermutlich einmal pro Jahr nach den Gesetzmäßigkeiten der Unverschämtheit ausgewürfelt wird.

Zum Hotel verlängerte Cocktailbar

Bisschen zickig, trotzdem märchenhaft: Venedig hält seine Widersprüche aus. Und das müssen Besucher auch. Schubsen in den Gassen, Runterkommen in den Palazzi. In einem ist das Experimental eingezogen, eigentlich eine zum Hotel verlängerte Cocktailbar. Die meisten Gäste schauen wegen der Bar vorbei. Nehmen das Boot ins Viertel Dorsoduro – oder den Shuttle-Nepp wie wir. Rechts neben dem Hoteleingang befindet sich eine unscheinbare Holztür, die nur durch die Präsenz eines Türstehers als Lokal erkennbar ist. Drinnen knallte uns die Musik das Gehirn weg. House-Tracks, später sangen Wham! "Everything She Wants", und inmitten dieser Kakophonie erklärte uns der sehr nette Barkeeper, wie er hieß, welche Drinks sich lohnten und welche Zutaten darin seien. Es war bestimmt eine professionelle Einführung, ich habe nur kein Wort verstanden. Keine Sorge: Es gab eine Karte.

Kuscheliger Partykeller

Wir saßen in einem Raum, der nicht größer war als ein Verlies, mit roten Wänden und halbrunden Spiegeln kuschlig herausgeputzt. Partykeller, dachte ich, nur eben im Erdgeschoß. Es war voll, der Barkeeper, dessen Name ich schon wieder nicht verstand, wies uns einen Katzentisch zu, und wir tranken einen Drink, der unsere miese Laune mit Hochprozentigem ertränkte. Die Namen der Cocktails? Versanken im Hirn, gelöscht von der Festplatte, oder besser: überschwemmt von den Gin-Wodka-Rum-Kreationen. Es wurde jedenfalls noch ein lustiger Abend, und dann noch einer. Und am Ende wussten wir gar nicht, warum wir diese Bar oder Venedig je wieder verlassen sollten. Salute! (Ulf Lippitz, 3.4.2023)