Protest gegen den russischen Angriff auf die Ukraine in der kanadischen Stadt Montreal.
Foto: AFP / Andrej Ivanov

Der israelische Historiker Yuval Noah Harari ("Eine kurze Geschichte der Menschheit") schreibt im

"Guardian" (London): Historische Niederlage

"Weniger als eine Woche nach Beginn des Krieges wird es immer wahrscheinlicher, dass Wladimir Putin auf eine historische Niederlage zusteuert. Er könnte alle Schlachten gewinnen, aber den Krieg verlieren. Putins Traum vom Wiederaufbau des russischen Imperiums beruhte schon immer auf der Lüge, dass die Ukraine keine echte Nation sei, dass die Ukrainer kein echtes Volk seien und dass die Einwohner von Kiew, Charkiw und Lemberg sich nach der Herrschaft Moskaus sehnten. Das ist eine glatte Lüge – die Ukraine ist eine Nation mit einer mehr als tausendjährigen Geschichte, und Kiew war bereits eine große Metropole, als Moskau noch nicht einmal ein Dorf war. Aber der russische Despot hat seine Lüge schon so oft erzählt, dass er sie offenbar selbst glaubt."

"De Standaard" (Brüssel): Geschichtsträchtige Wende

"Die Wende Deutschlands ist besonders geschichtsträchtig. Nachdem es 30 Jahre lang versucht hat, durch Handel Brücken zwischen Russland und Europa zu bauen, liefert es 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Waffen für den Einsatz gegen russische Soldaten.

Hat Putin den ukrainischen Widerstand und die vereinte Entschlossenheit Europas unterschätzt? So kaltblütig er die Invasion ankündigte, so grimmig versetzte er am Sonntag die Nuklearstreitkräfte in höchste Alarmbereitschaft. Tatsache ist, dass Europa trotz der enormen Spannungen und Verwerfungen bereits mehrfach bewiesen hat, dass seine Einheit in einer tiefen Krise das höchste Ziel ist."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": Kühlen Kopf bewahren

"Putins Spiel mit dem nuklearen Feuer ist noch verantwortungsloser als sein Angriffskrieg in der Ukraine. Trotzdem sollte man da im Westen einen kühlen Kopf bewahren. Auch zur Abschreckung der Nato gehören Atomwaffen, deshalb gibt es weiterhin keinen Grund, die russische Aggression in der Ukraine hinzunehmen.

Im Sanktionspaket vom Wochenende dürften die Maßnahmen gegen die Zentralbank die größte Bedeutung haben. Wenn damit verhindert werden kann, dass Putin die erheblichen russischen Devisenreserven als Kriegskasse nutzt, dann wäre viel gewonnen. (...) Allerdings wird es am Ende auf den Öl- und Gashandel ankommen. Erst wenn der Westen den spürbar zurückfährt, verliert Putin das Geld für seine Militärmaschinerie. Das geht nicht über Nacht, ist nun aber unabdingbar."

"Népszava" (Budapest): Finstere Gestalt

"Der russische Präsident mag den blutigen Krieg gewinnen (...), doch nie wieder werden die Rechtsradikalen sich auf ihn berufen, ihn als Musterbeispiel für andere hinstellen können. Denn selbst sie spüren es: Bei ihm handelt es sich um eine finstere Gestalt des 21. Jahrhunderts. (...) Doch es ist zu spät. Putin hat dem Präsidentschaftswahlkampf seiner französischen Freunde, Marine Le Pen und Éric Zemmour, vernichtenden Schaden zugefügt. (...) Plötzlich ist auch die deutsche AfD nicht mehr gegen Sanktionen, die sich gegen Russland richten. (...) In Ungarn jedoch setzen Regierungspolitiker beziehungsweise sogenannte Experten, die sich in den Staatsmedien schon bisher als Putin-Fans erwiesen haben, auch angesichts des Krieges ihre prorussische Propaganda fort. (...) Sie rechtfertigen einen Kriegsverbrecher, dessen Platz vor dem Haager Tribunal wäre." (APA/red, 28.2.2022)